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Neuste eskalierte Erstgespräch-Erfahrung

Mir geht es momentan nicht gut. Trotzdem kriege ich ein paar Dinge auf die Reihe. Gestern war ich in einem Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie wegen meinem Anliegen auf Suche nach einer neuen Psychotherapie. Nachdem ich mich neuerdings wieder mit Antidepressivium versorge und einen neuen Versuch starte mit Antidepressivum „Stimmungsaufhellung“ zu erreichen, denke ich, dass eine gute Psychotherapie mir ergänzend auch gut tun würde. Das Institut hatte ich vor einigen Jahren schon einmal aufgesucht und mich damals nicht wohlgefühlt, weil die Therapeutin festgefahren darauf war, dass es mich doch beschäftigen müsste, dass sich meine Sexualität veränderte (was nicht der Fall war. Der Fall war nur, dass ich zum ersten Mal in einer Homo-Beziehung war und nicht mehr in Heterobeziehungen). Da konnte mir nach wenigen Sitzungen nicht weitergeholfen werden.

Der neuste Versuch gestern lief dann schon etwas früher schief. Nachdem die Therapeutin (eine andere als vor ein paar Jahren) 20 Minuten zu spät kam, und super-nervös schien, hatte ich nicht nur dadurch den Eindruck, dass sie vielleicht eher als ich eine Therapie oder Beistand bräuchte. Ich erzählte ihr zu Beginn, was halt Sache ist: Name, Pronomen, Geschlechtsidentität. Sie sagte darauf: „Also doch.“ – ich fragte nach, was sie damit meinte und sie sagte, dass sie sofort dachte, dass da eine Frau sitze. Na klar. Jedenfalls eskalierte es dann, nachdem ich ihr ausführlich von den Dingen, die mich gerade belasten, erzählte, als sie dann mehrmals nicht zu verstehen schien, „was“ ich bin und nach meinen Geschlechtsorganen fragte. Nachdem ich ihr sagte, dass das irrelevant für hier sei und sie nicht aufhörte, motzte ich sie an, dass es ihr scheiß egal sein kann und dass ich das jetzt mehrmals gesagt habe. Sie meinte klugscheißen zu müssen mit: „Sie haben das jetzt einmal gesagt, vorher haben Sie gesagt…“ Und meinte noch anschließen zu müssen mit: „Aber ich will sie doch verstehen.“ – usw. usw. letztendlich stand ich auf, ging ohne weiteres Wort, während sie mir noch „absolutionserteilend“ nachsagte, dass ich jederzeit gehen könne (was ich ja in dem Moment schon tat – also keine Ahnung, was sie mir damit sagen wollte). Es machte mich sehr wütend, dass ich auch nur die ersten 10-15 Minuten damit verbracht hatte, ihr auch nur Ansatzweise Dinge von mir zu erzählen. Ich war so wütend, dass ich einen Blumentopf im Treppenhaus runterwarf um nochmal nachhaltig zu sagen: „Das war scheiße!“ Ich zitterte noch bis nach Hause.

Ich werde wohl in nächster Zeit eher Menschen aufsuchen, bei denen ich weiß, dass sie irgendwas mit Trans*-Leuten zu tun haben. Muss nicht besser sein, aber kann halt weniger schlimm sein. Nervig. Bald brauche ich Psychotherapie nur wegen der Erstgespräch-Erfahrungen, die ich habe.

Die Sache mit dem „einfachen“ Genießen

Ich bin oft sehr schnell von Menschen begeistert. Wenn das passiert, dann fühle ich mich auf viele Arten zu ihnen hingezogen, will Zeit mit ihnen verbringen, Körperkontakt, Nähe, und ich schwärme für sie.

Vor Kurzem ist es wieder passiert, dass ich plötzlich sehr begeistert von einer Person wurde. Ich habe versucht das zu beobachten um Gefahren des „letzten Mals“ zu umgehen, was leider in der Hinsicht ausartete. Und zwar in der Hinsicht, dass ich anfing mich zu pathologisieren und zu fragen, ob es normal ist was ich tue, fühle und denke. Ich bin regelrecht fixiert auf die Person, weil die Person es mir so angetan hat. Und dadurch, dass ich da so verkopft bin, kriege ich es nicht auf die Reihe herauszufinden, ob ich einfach so fixiert bin, weil ich verliebt bin, oder weil das ein seltsames Muster von mir ist, dass auf Menschen greift, die ich toll finde, um Alltagsrealitäten zu entfliehen, in dem ich mich für Menschen begeistere und sie übersteigert in meinem Kopf darstelle. Oder beides, oder etwas ganz anders? Ich weiß es nicht und bin etwas überfordert.

Ich mache mir Gedanken, will der Person nahe sein und habe Angst mir einzugestehen, dass ich mich verliebt habe, falls ich mich verliebt habe, weil ich Angst davor habe verletzt zu werden. Nämlich deshalb, weil ich nicht weiß, was die andere Person für Erwartungen hat und ich auch gar nicht so recht weiß, was ich selbst für Erwartungen von der zwischenmenschlichen Beziehung habe. Dann frage ich mich: Warum ist es denn eigentlich wichtig Erwartungen zu haben, warum kann ich es nicht „einfach“ genießen, also die Zeit mit der Person und die Berührungen und das Schwärmen. Teilweise kann ich das auch, aber irgendwie habe ich Angst, dass es mir dann weh tut, weil es sein könnte dass eine Person Gefühle entwickelt und die andere Person nicht (ich hab natürlich Angst davor, dass ich es bin und die andere Person keine/andere Gefühle entwickelt). Aber auch, weil es beim „letzten Mal“, als ich so angetan von einer Person war, es so endete, dass der Kontakt abgebrochen werden musste, weil mir der Kontakt zu der anderen Person nicht gut tat und ich mich in ein Bild der Person verliebt hatte, nicht in die Person selbst. Das ist wahrscheinlich nichts großartig Abweichendes, weil sich alle Menschen ja womöglich eher in Bilder verlieben, die sie sehen wollen, und nicht in „die Person selbst“, was auch immer „die Person selbs“ eben sein sollte.

Eine andere „lustige“ Sache scheint zu sein, dass die Zeit, die ich genieße und die Begeisterung, die ich für die Person entwickelt habe, dazu führt, dass es mir nicht nur besser geht, sondern auch manchmal schlechter. Nicht nur wegen so verkopften Gedanken und Ängsten, sondern ganz konkret, weil ich, wenn ich die Nähe der Person verlasse, Alltagsaufgaben vor mir habe, auf die ich keine Lust habe und die mir dann schwerer fallen. Diese Alltagsdinge konnte ich gefühlt vorher besser bewältigen, weil die schöne Alternative eben gerade nicht da war. Ohne positiven Kontrast lässt es sich wohl leichter in einem System funktionieren. Nun habe ich mehr positive Gefühle, aber auch den negativen Kontrast – irgendwie fair und nicht fair zugleich.

Ich stelle wieder mal fest, dass mir Labels wichtig zu sein scheinen. Ich definiere mich über Arbeit, Kreatives und anderes, was ich mache und tue, was ich benennen kann, und was ich auch anderen präsentieren kann, um mich eben auch über die Fremdwahrnehmung zu definieren. Zum anderen definiere ich mich auch über die sozialen Bindungen, die ich habe. Es mag nicht „cool“ sein alles benennen zu müssen, aber ich merke, dass es mir eine gewisse Festigkeit, einen Halt gibt soziale Bindungen zu benennen, auch wenn es eine solche Konstante ja auch wiederum bei sozialen Bindungen nicht in dem Maße zu geben scheint. Und dann denke ich darüber nach, was es mir bringen würde bei der „neuen“ Person und mir: Klar, wir würden erstmal darüber reden müssen, was wir für Bedürfnisse haben, und eine feste Benennungsform zwischen und zu haben, wäre auch wieder einengend, aber vielleicht auch gerade nur, weil ich mir selbst nicht darüber im Klaren bin, was mein Bedürfnis ist. Warum ist das denn oft so schwierig mit den Gefühlen und den Bedürfnissen und dem „einfachen“ Genießen?

Trans* und Arbeit (Teil 1)

Seit einiger Zeit suche ich nach einer Arbeit um mir die Möglichkeit zu erhalten weiter zu studieren. Ich schaue nach unterschiedlichen Arbeitsstellen und habe auch einige Möglichkeiten aussortiert, bei denen ich dachte, dass ich da ganz und gar unglücklich werden würde oder mich die Arbeitsstelle aus Prinzip nicht nehmen würde. Ich entschied mich dafür Bewerbungen an mehrere Unternehmen zu schicken für Spül-Tätigkeiten, Recherche-Tätigkeiten und hab versucht vorallem im Bereich der persönlichen Assistenz Arbeit zu finden. Da ich Arbeit in der persönlichen Assistenz für sehr intensive und menschlich-nahe Arbeit halte, habe ich mich dafür entschieden offen bei den Vereinen und Unternehmen, bei denen ich anfragte, mit meiner Identität umzugehen, klar zu machen, wie ich angesprochen werden möchte und auch, dass ich mir sehr gut und gerne vorstellen kann persönliche Assistenz für queere Personen, Trans*-Personen und Personen mit Rassismuserfahrungen zu machen. Mir ist bewusst, dass in der Altenpflege im Bezug auf queere und Trans*-Personen das Problem existiert, dass ältere Personen sich in der Altenpflege den Pfleger_innen ausgeliefert fühlen und sich einige dafür entscheiden Homosexualität zu verheimlichen, oder dass sich Trans*-Personen dazu entscheiden „zurückzukehren“. Deshalb, so dachte ich mir, braucht es einfach auch queere Leute, die Altenpflege- oder, in meinem Fall, Assistenztätigkeit machen.

Bei einem der Vereine, bei denen ich dies angab, und bei welchem ich eigentlich erst ein gutes Gefühl hatte, stellte ich mich vor. Hier wurde mir gesagt, dass in der Nachbarstadt, aus der ich komme, sehr dringend Assistent(_inn)en gesucht werden würden. Nachdem ich mit der für die Stadt zuständigen Person telefonierte, die mir eigentlich recht offen erschien, stellte sich heraus, dass angeblich alle offenen Stellen durch die nach Assistenz suchenden Personen durch Cis-Personen besetzt werden sollten. Einmal passierte es sogar, dass ich von einer anderen Person, die in dem Verein arbeitete angerufen wurde, worauf ich mich dann vorstellte und die mir dann sagte, dass da wohl ein Missverständnis vorliegen würde, weil sie eine Cis-Frau erwartet hatte (sie sprach von biologischer Frau). Meine Wünsche und Bedürfnisse wurden also trotz Bitte nicht innerhalb des Vereins in meine „Akte“ aufgenommen, weil es von der dafür zuständigen Person wohl für nicht wichtig empfunden wurde.

So zeigte sich, dass, selbst wenn ich mich als männliche Person vorgestellt hätte, ich sehr leicht an einen Assistenz-Job hätte kommen können. Als Trans*-weibliche Person stellte sich das Arbeiten bei den wichtigsten Vereinen in meiner Gegend als nicht möglich heraus.

Passing und öffentlicher Raum

Mich umtreibt momentan folgender Gedanke: Ich denke, dass es mir, als ich mich nicht als Trans* definierte und in einer männlichen Rolle lebte, relativ gut ging. Ich war eigentlich relativ maximalprivigiert. Zwar komme ich nicht aus einem akademischen Haushalt, bin aber weiß und habe durch die finanziellen Mittel meiner Eltern die Möglichkeit erhalten zu studieren. Im öffentlichen Raum als Typ unterwegs zu sein, ohne viel Trans*-Issues zu haben, ist ganz angenehm, soweit ich mich zurück erinnere.

Nun ist das anders: Ich bin eine Trans*-Weiblichkeit, fühle mich unsicher und/oder unsichtbar im öffentlichen Raum. Wäre ich bei der Geburt weiblich kategorisiert worden, würde es mir vermutlich etwas anders, aber nicht so krass anders gehen, wie der gelebte Vergleich von Cis*-Männlichkeit und Trans*-Weiblichkeit. Cis*-Frauen, die auch ständig und überall sexualisiert und anders diskriminiert werden, haben -teilweise- ja -ähnliche- Issues, wie Trans*-Frauen.

Da ich weiß, wie relativ angenehm und stressfrei es ist als Typ zu leben, im öffentlichen Raum unterwegs zu sein und so weiter, habe ich das Gefühl, dass mein jetztiges Leben gar nicht zufriedenstellend für mich sein kann. Selbst, wenn ich ein großartiges Passing hätte und Menschen mich, soweit ich das immer wollen würde, als weiblich lesen würden; dann würde ich als weibliche Person sexualisiert/belästigt/behandelt werden. Ich habe also das Gefühl, dass nur das Leben als Mann* für mich angenehm und stressfrei wäre. Das steht nun leider nicht als Option im Raum und so bleibt gerade nur die etwas ängstliche Frage: Wird es wirklich besser werden? (In Anlehnung an die Kampagne für „queere“ Jugendliche „It gets better“ und im Bezug darauf, dass mein Ziel vielleicht nicht das ultimative „Frauen“-Passing ist)

09.08.2014

Street Harassment in Gießen

Ich bin auf dem Heimweg vom Bahnhof Oswaldsgarten zum Berliner Platz. Vorher war ich zum ersten Mal in einer Frauen*-Kickbox-Gruppe in Marburg, an der ich nun regelmäßig teilnehme. Passend dazu passiert etwas, das meine Stimmung drückt:
Ich war vorher einkaufen und schleppe eine Papiertüte. Ich bin eine Trans*-Weiblichkeit und weiß nicht, ob ich in der Situtation als schwul oder Trans* gelesen wurde.
Es ist noch hell, auf der Straße sind viele Menschen unterwegs, mir fallen mehrere Männer-Gruppen auf.
An der Ampel vom Theater zum Berlin Platz, Richtung Kongresshalle, bleibe ich stehen. Ich bin froh, dass die Männergruppe aus 5-7 Personen vor mir auf der Zwischeninsel auf der Kreuzung stehen und ich nicht neben ihnen stehen muss.
Ein Auto mit 3-4 männlich gelesenen Personen fährt vorbei. Die 5-7 Personen-Gruppe hatte vorher noch mit ihnen rumgealbert.
Die Personen im Auto starren mich an und lachen als sie vorüberfahren. Als ich meinen Blick zu der Gruppe auf der Ampel-Insel schweifen lasse, sehe ich, dass eine Person sich hinter einer anderen Person aus der Gruppe versteckt und Fotos von mir macht.
Als ich es sehe, versteckt sie sich weiter, stellt sich dann aber ganz offensichtlich hin und tut so, als würde sie Fotos vom Gießener Theater machen.
Ich gehe ohne auf den Verkehr zu achten, weil ich plötzlich Rot sehe zu ihnen und sage zu der Person, die mich mit dem Handy fotographiert: „Fick dich, du kleines Arschloch. Tu dein Handy weg!“ und gehe vorüber.
Sie feiern sich. Die Person, die ich ansprach fragt kurz baff, was ich  gesagt habe.
Ich gehe weiter. Die Person mit dem Handy kommt mir nach, ich drehe mich um und sage: „Na, du Kleiner.“, ich versuche stark zu wirken unabhängig davon, wie es mir gerade geht. Die Person filmt mich und lacht sich ab, ich versuche halbwegs in seine Richtung zu schlagen. Er fällt dann zurück und an der Haltestelle Berliner Platz, auf Seite der Kongresshalle, bleiben sie wohl stehen.
Ich drehe mich nicht um und gehe weiter.

Gießen (Hessen). 17.06.2013.

„Das kann aber nicht sein!“ – Wie ich mir ohne amtliche Namensänderung einen neuen Namen in der Universität besorgte.

Neulich machte ich mir im Gespräch mit meinem Psychologen klar, warum ich vor allem gerade nicht studiere, obwohl ich eigentlich teilweise gerne würde: In der Universität ist mein alter, bürgerlicher Name verzeichnet, den ich nicht mehr führe. Wenn ich mir dann denke, dass ich doch spontan und ohne Verpflichtungen in Seminare gehen könnte, schwingt immer die Angst mit, dass die Dozierenden die Namens-Liste im Online-Seminar-Verzeichnis sehen, dann die Anwesenheit abfragen und der alte Name sichtbar ist. Zwar habe ich mich dort in der Uni-Community auf unsichtbar gestellt, aber für Dozierende sind die Personen trotzdem sichtbar. Dies hat zur Folge, dass ich dann lieber nicht in Universitäts-Veranstaltungen gehe, obwohl ich eingeschrieben bin und wie gesagt auch manchmal Lust darauf habe Veranstaltungen zu besuchen.

Im Gespräch mit meinem Psycho ergab sich dann nur die eine Konsequenz, die ich die ganze Zeit verschoben habe: Ich müsste mich mit dem Universitätskorpus in Verbindung setzen und eine Lösung finden, damit mein eigener Name innerhalb der Universität verzeichnet ist und ich nicht mehr mit falschen Namen assoziiert werde. Längerfristig wäre sicher eine offizielle Namensänderung sinnvoll, doch dazu habe ich momentan noch nicht die Motivation gefunden.

Ich wusste, dass eine Namensänderung im universitären Rahmen möglich ist, ohne dass der bürgerlicher Name mit dem gewählten Namen übereinstimmt. Dies hatte ich erfahren, als ich mich für eine anderen Person mit der Universitätsleitung in Verbindung setzte, um dann in der Rechtsabteilung über die Möglichkeiten zu sprechen, wie eine Namensänderung, ohne vorherige Änderung des bürgerlichen Namen etabliert werden könnte, also auch Outing-Situationen vermieden werden können. Ich rief also bei der verantwortlichen Person an, mit der ich das letzte Mal gesprochen hatte. Die Person war etwas genervt, sagte, dass ein Termin diese Woche nicht mehr möglich sei, und ich schob die Genervtheit auf den vollen Terminkalender. Im Gespräch selbst sagte ich nur, dass ich da wieder einen Fall hätte, da ich am Telefon selbst nicht sagen wollte, dass es um mich geht. Es war mir vorher schon klar, dass es viel einfacher ist für die Ziele von anderen Personen zu kämpfen, als für meine eigenen. Zu persönlich und zu emotional bin ich dann. Ich fühle mich schutzlos und verletzlich, aber wenn ich für eine andere Person streite, dann kann ich sachlicher und kämpferischer sein, weil es ja nicht meine Identität betrifft und eigene Zweifel und negative Gedanken nicht dazwischenfunken können.

Zu dem Termin in der darauffolgenden Woche nahm ich eine_n Freund_in mit, damit ich ein wenig Rückendeckung genießen konnte. Die Person aus der Rechtsabteilung begrüßte uns freundlich-beschäftigt und räumte erstmal ein dutzend an dicken Leitzordnern vom Tisch, die sich auf diesem stapelten. Sie fragte, was sie für uns tun könne. Ich erläuterte etwas befangen, aufgeregt, dass es wieder um eine Namensänderung ginge, ohne dass der bürgerliche Name damit übereinstimme, dass es darum geht, dass ich eben nicht studiere, obwohl ich gerne studieren würde, und ob wir da wieder eine Lösung finden könnte. Ich sprach davon, dass ich auch ein Schreiben meines Psychologen dabei hätte, in dem steht, dass ich wegen Trans* in Behandlung bin und auch einen Veranstaltungshinweis, auf dem mein Name stand, um zu belegen, dass ich den Namen auch wirklich-wirklich benutze. Wir lächelten und schmunzelten, sie wollte die Unterlagen jedoch nicht sehen, fragte danach, was mir vorschwebte. Wie beim letzten Mal versuchte die Person aus der Rechtsabteilung eine Möglichkeit zu finden den Vornamen mit einem Punkt abzukürzen, da der Anfangsbuchstabe von des jetztigen und des alten Namens der selbe war. Glücklicherweise ging dies jedoch nicht, da im Computer-System keine Punkte in Namen erlaubt sind. Mit der Aussage, dass sie nicht wüsste, was dagegen spräche, verwies sie mich an den Geschäftsführer des Studierendensekretariats, den sie anrief, um einen Termin zu machen. Dieser sagte, dass ich sofort vorbeikommen könne, weshalb meine Begleitung und ich uns auf den Weg dorthin machten.

Beim Studierendensekretariat angekommen, begrüßte uns der Mensch dort nach einer kurzen Begrüßung mit: „Ja, dann bekomme ich von einem von ihnen eine Matrikelnummer und einen neuen Namen“. Mit beidem konnte ich dienen. Da ich noch ein neues Passbild für den neuen Studierendenausweis vorbeibringen wollte, müsse ich nochmal kommen. Im System wurde jedoch schon mein Name geändert.

Per E-Mail (an meine alte Universitäts-E-Mail-Adresse) erhielt ich dann in Kopie die Unterhaltung zwischen dem Menschen aus dem Studierendensekretariat und der Person vom Hochschulrechenzentrum, welche dafür zuständig war, dass ich eine neue E-Mail-Adresse erhielt. Denn ohne neue E-Mail-Adresse kein neuer Studierendenausweis. Da standen dann die Fakten, dass sich mein Name geändert habe, jedoch auch, dass ich eine „Geschlechtsumwandlung“ gemacht habe. Soso… Ich nahm es mit Humor, weil ich bekommen hatte, was ich wollte, und mir der Rest egal war. Dass eine Namensänderung jedoch mit Transsexualität und Geschlechtsangleichungen verbunden wird, ist in dem Fall lustig. Denn davon wie ich mich identifiziere habe ich weder in der Rechtsabteilung noch im Studierendensekretariat etwas gesagt: Aber klar, ich stehe als männliche Person im System und möchte einen neuen Namen, wegen so Trans*-Geschichten. Dann muss ich ja eine „Frau“ sein.

Am nächsten Montag schritt ich wieder zum Studierendensekretariat mit einem neuen Passbild und meiner Begleitung. Auf dem Weg dorthin fiel mir ein: Oh, vielleicht hätte ich mich nochmal rasieren sollen oder nicht meine Camouflage-Hose anziehen sollen. Doch ich überwand die Zweifel und dachte mir, dass das jetzt egal sei. Eine Person erwartete mich am Schalter, der ich kurz erzählte, dass ich eine neue Studierendenkarte beantragen wolle und hierfür das Passbild mitgebracht hatte. Es kam wieder die Frage nach der Matrikelnummer, welche ich ihr mitteilte. Die Person las meinen Namen vor, mit einer weiblichen Anrede, welche im System stand. Darauf sagte sie: „Das kann aber nicht sein!“ Ich sagte: „Doch.“ Sie etwas zweifelnd aber dann doch akzeptierend, erläuterte kurz, dass ich eine E-Mail an meine (neue) E-Mail-Adresse bekäme und dann den Ausweis abholen kann. Etwas weiteres müsse ich nicht tun. Sie wies mich nur darauf hin, dass ich noch meinen Personalausweis mitbringen müsse. Ich sagte: „Okay.“ und verlies mit meiner Begleitung das Studierendensekretariat. Ich erzählte ihr davon, worauf er_sie sich zusammen mit mir freute, was passieren wird, wenn ich mit meinem Personalausweis, in dem ein alter Name steht, den Studierendenausweis mit neuem Namen abhole und alles, bis auf die Namen übereinstimmen. Auch das Bild. Später fiel mir ein, dass ich die Person am Schalter noch hätte fragen können, warum das denn nicht sein könne, dass ich Frau XYZ ZYX bin. Sie hatte ja auch eine weibliche Anrede, sogar ein Schild auf dem das stand und zudem mehr Oberlippenbart als ich im Moment unseres aufeinandertreffens. Meine Begleitung sagte, dass mensch mit der Zeit wohl schlagfertiger wird. Dann wurde mir klar, dass offenbar nicht nur mein Name geändert wurde, sondern auch das Geschlecht, sonst hätte die Person am Schalter nicht so verwundert eine weibliche Anrede verwendet.

Später beim Einkaufen stand ich im Tegut an der Kasse. Vor mir 4 Kinder. Ein von mir als Mädchen gelesenes Kind sah mich, und flüsterte ihrer Freundin(?) sofort etwas zu. Ich schaute sie bewusst an und lächelte. Die zweite Person schaute mich an, kicherte sich einen ab und rannte dann weg. Aus Albernheit, vielleicht auch, weil ich sie ja auch anschaute. Kurze Zeit später vor dem Tegut-Supermarkt standen alle vier und unterhielten sich. Sie schauten mich an und ich schaute zurück, grinste sie verschmitzt an, machte mich insgeheim über ihre Geschlechtervorstellungen lustig, während sie sich über mich lustig machten. Vielleicht die angenehmste Variante, als angepisst sein, weil ich nicht passe, weil ich angst habe, dass Menschen denken, dass ich falsch bin, dass ich doch eigentlich ein Mann bin. Das ist nerviger, als wenn ich das Gefühl habe als schwul zu passen. Wenn ich als schwul passe kann ich selbstbewusster sein, weil ich mich weniger als schwul definiere, als als weiblich. Weiblich nur halb passen ist dann wieder emotionaler, persönlicher, verletzlicher. Ausserdem gehen die Leute mit mehr Abstand um, wenn ich als Schwuler, also tendenziell eher als Mann* passe. Dann kann ich mich mit Menschen anlegen, dann werde ich wütend und stelle mir Kampfszenen mit Leuten vor, die gemein und verletzend zu mir sind. Wenn ich besonders darauf Wert lege als weiblich zu passen, dann erlauben sich die Menschen um mich mehr heraus, gehen mir weniger aus dem Weg, wenn ich vorbei will (was heißt, dass ich mehr Leute remple, wenn ich als weiblich gelesene Person passen möchte), oder schauen verletzender. Aber auch ich bin verletzlicher, und achte mehr auf die Blicke. Vielleicht schauen die Leute auch immer gleich, nur je nach Performanz geht es näher an mich heran.

April/Mai 2013.